Die Kombination der Herausforderungen macht es aus

Mobilität der Zukunft

Die Kombination der Herausforderungen macht es aus

3. Oktober 2017 agvs-upsa.ch – Die Mobilität der Zukunft, so, wie sie sich abzeichnet, wird auf den Garagisten erhebliche Auswirkungen haben. Die Entwicklung ist mit vielen Herausforderungen verbunden – aber auch mit Chancen. Klar ist: Der Garagist wird sich teilweise neu erfinden müssen.

kro. Zur Einleitung ein paar Zahlen, die jüngst im Rahmen einer Umfrage (siehe Box) bei weltweit 1000 Führungspersönlichkeiten der Automobilindustrie und Zulieferfirmen erhoben wurden:
 

68 Prozent sind der Überzeugung, dass die herkömmlichen Kaufkriterien für Automobile irrelevant werden.
► 83 Prozent halten einen kompletten Umbruch der Geschäftsmodelle in den nächsten Jahren für wahrscheinlich.
► 85 Prozent glauben, dass dereinst ein digitales Ökosystem aus Services und Dienstleistungen höhere Umsätze generiert, als der Verkauf der «Hardware» Auto.
 89 Prozent sind der Ansicht, dass künftig Features, die nicht zur Grundausstattung des Wagens gehören, den Ausschlag zum Kauf geben – also etwa nützliche Apps wie Parkplatzfinder.

Vier Entwicklungsthemen geben den Ton an
Im Grundsatz konzentriert sich die Automobilindustrie auf vier Entwicklungsthemen: Konnektivität, autonomes Fahren, Shared Mobility und alternative Antriebe, wobei hier aus Sicht der Hersteller primär der Elektroantrieb gemeint ist. Volkswagen hat soeben angekündigt, alleine in diese Antriebsart in den nächsten Jahren 50 Milliarden Euro zu investieren. Jedes dieser Kernthemen wird alleine für sich schon erhebliche Auswirkungen auf den Garagisten und den Handel haben – und in ihrer Kombination werden sie es erst recht.
 
Carsharing und Elektromobilität
Carsharing beispielsweise wird direkte Auswirkungen auf die Zahl der verkauften Fahrzeuge haben – umso mehr in Verbindung mit dem autonomen Fahren. Wenn sich mehr Menschen ein Auto teilen, wird es automatisch weniger Verkäufe geben. Kommt dazu: Carsharing ist ein Business, das vor allem das Flottengeschäft betrifft; für viele Garagisten ist das ein Geschäftszweig zu Konditionen, die sie selber und ohne die Hilfe des jeweiligen Importeurs nicht stemmen können.
 
Für sie bieten sich hier jedoch Chancen, für solche Flotten zu (bevorzugten) Servicepartnern zu werden. Dieser Geschäftszweig könnte für die Garagisten vor allem interessant sein, weil gemeinsam genutzte Fahrzeuge häufiger in Betrieb und deshalb wartungsintensiver sind.
 

Quo vadis, Mobilität?

Tendenzen verstärken sich gegenseitig
Doch hier erkennt man, wie sich Effekte – negative wie positive – verstärken, wenn man sie kombiniert. Ein von mehreren Personen geteiltes, autonom fahrendes Elektroauto ist für den Garagisten grundsätzlich nicht die beste Perspektive: weniger Fahrzeugverkäufe, deutlich weniger Karosserie- und Lackumsätze, weil autonome Fahrzeuge kaum mehr in Unfälle verwickelt sein werden, ein markanter Rückgang im Aftersales-Geschäft, weil Elektroautos einen bis zu 70 Prozent geringeren Wartungsaufwand aufweisen.
 
Kundendaten über den gesamten Lebenszyklus
Nach wie vor ist nicht klar, wie sich die Hersteller die Zukunft des Handels vorstellen. VW-Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann formuliert es gegenüber «kfz-Betrieb Online» wie folgt: «Das Geschäftsmodell von heute hat dauerhaft keine Zukunft mehr.» Hintergrund für diese Haltung sind zwei Faktoren: Erstens sorgen die Hersteller auch über Änderungen in den Verträgen zunehmend dafür, dass sie in den Besitz möglichst vieler und möglichst tiefer Kundendaten kommen – inzwischen nicht nur, was Neuwagen betrifft, sondern über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs.
 
Das erlaube ihnen, in direkten Kontakt mit den Endkunden zu treten. Für den Garagisten sei genau dieser direkte Kontakt bisher die stärkste Trumpfkarte: Und die muss er so lange wie möglich in der Hand halten, denn in einem zweiten Schritt ist nicht auszuschliessen, dass Hersteller vermehrt dazu übergehen, Fahrzeuge über das Internet direkt zu verkaufen; Testläufe haben auch bereits stattgefunden.
 
Ins Thema Kundenbeziehung spielt auch der Aspekt Konnektivität: Hier geht es nämlich nicht nur um Fahrzeug-, sondern damit auch um Kundendaten. Das lässt sich heute kaum mehr voneinander trennen. Moderne Fahrzeuge sammeln eine Unmenge von Daten – für Hersteller sind diese von sehr grossem Wert. Einerseits liefern diese Daten eine der Grundlagen für die Weiterentwicklung der Fahrzeuge, weil aus der Nutzung direkte Rückschlüsse auf Verbesserungen gezogen werden können.
 
Der Garagisten-Bonus: Vertrauen
Auf der anderen Seite sind sie die Grundlage für individuelle Services, mit denen Hersteller künftig Geld verdienen wollen. Dass die Hersteller dieses Datenmaterial mit dem Händler teilen, so wie dieser seine Daten mit dem Hersteller teilen muss, ist nicht zu erwarten. Und das trotz der Tatsache, dass die Umfrage von KPMG zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen ist: 28 Prozent der in der Studie ebenfalls befragten Automobilisten – mehr als doppelt so viele wie noch vor einem Jahr – sind der Überzeugung, dass ihre Fahrzeugdaten bei ihrem Garagisten in vertrauensvolleren Händen sind als beim Hersteller.
 
Mut zur Innovation und zum Ausprobieren
Für den Garagisten wird es deshalb in Zukunft darum gehen, dass er von sich aus innovativer wird. Mutiger im Sinne von: Ausprobieren, was funktioniert und was nicht. Dafür gibt es heute bereits viele Beispiele – Micro-Repair ist nur eines davon. In diesem Rahmen wird der Garagist noch stärker zum möglichst umfassenden Dienstleister und persönlichen Ansprechpartner für Mobilität werden. Dafür wird er sich aber noch stärker mit den Möglichkeiten der Digitalisierung auseinandersetzen müssen, um herausfinden, in welchem Rahmen er und sein Betrieb davon profitieren können. 

Die Themen «Digitalisierung» und «Software im Garagenbetrieb» werden in den Fokus der AUTOINSIDE-Novemberausgabe gestellt, die am 3. November erscheint.
 

Details zur Studie
Der «Global Automotive Executive Survey» ist so etwas wie der globale Pulsmesser der Automobilbranche. Die Umfrage wird jährlich von KPMG als eines der weltweit grössten Beratungsunternehmen bei rund 1000 Führungskräfte aus allen Bereichen der Automobilindustrie durchgeführt. 
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