Ablenkung gefährlicher als Alkohol

Allianz-Studie

Ablenkung gefährlicher als Alkohol

6. Dezember 2016 agvs-upsa.ch – Dutzende von Knöpfen im Armaturenbrett und in der Mittelkonsole, dazu ein komplexes Navigationsgerät mit Touchscreen, das Handy in Reichweite, Daten im Head-up-Display: Was das Autofahren angenehmer und teilweise auch sicherer machen soll, hat das exakte Gegenteil zur Folge. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Allianz-Versicherung.
 

Blick ins Cockpit eines Tesla Modell S.

Die Experten des Allianz Zentrums für Technik (AZT) kommen in ihrer Sicherheitsstudie zu einem beunruhigenden Fazit: Galt bislang die verminderte Verkehrstüchtigkeit durch Alkohol als wichtigste Unfallursache, muss heute die Ablenkung durch Smartphone und Navigationsgerät als gefährlicher angesehen werden! Dieses Resultat ergab eine repräsentative Umfrage in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
 
So berichteten beispielsweise 60 Prozent der Fahrer, die in den zurückliegenden drei Jahren einen Unfall hatten, dass sie ihr Mobiltelefon beim Fahren händisch nutzen. Bei Fahrern ohne Unfallerlebnis waren es nur 37 Prozent. «Je vielfältiger die Technik und je komplexer deren Bedienung ist, desto höher ist die Ablenkung vom Strassenverkehr», sagt Markus Deplazes, Leiter Schaden der Allianz Suisse.
 
Drei Viertel lassen sich durch Technik im Auto ablenken
 
Im vergangenen Jahr starben laut Bundesamt für Strassen (Astra) mehr als 250 Verkehrsteilnehmer auf Schweizer Strassen bei Unfällen, 30 davon, weil einer der Unfallbeteiligten alkoholisiert war. Durch Ablenkungsunfälle kamen im gleichen Zeitraum 19 Personen ums Leben. Allerdings gab es gleichzeitig rund 450 Schwerverletzte durch Ablenkung als Ursache gegenüber 320 durch Alkoholeinfluss. Nach der Allianz-Umfrage begehen rund 40 Prozent der Fahrer in der Schweiz Handyverstösse. Sogar drei Viertel der Befragten sind regelmässig durch die Benutzung verbauter Technik im Fahrzeug abgelenkt (76 Prozent)! Weit mehr als jeder Dritte (40 Prozent) bedient das Navigationsgerät während der Fahrt, fast jeder Zweite sucht oder bedient die Radiofunktion über das Bordmenü. Aber auch Textnachrichten werden auf dem Smartphone regelmässig während der Fahrt gecheckt (20 Prozent) und sogar geschrieben (7 Prozent). «Alkohol am Steuer ist heute gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert. Zu dieser Haltung müssen wir auch bei der Smartphone-Nutzung am Steuer kommen», fordert Deplazes.
 
«Wir können den Menschen nicht ändern»
 
Doch der Weg dahin dürfte weit sein, will man dem deutschen «Auto-Papst» Ferdinand Dudenhöffer Glauben schenken. «Heute kann man beim Autofahren 1000 Dinge einstellen oder verstellen, das ist verlockend», sagt der Autoexperte und Professor an der Universität Duisburg-Essen gegenüber «20 Minuten». Das reiche vom Musik-Suchen bis zur Fein-Einstellung der Heizung oder des Navigationsgeräts: «Die Möglichkeiten sich abzulenken sind deutlich grösser geworden.» Die Hoffnung, der Mensch tue dies aus Vernunft nicht, dürfe man getrost begraben. «Er lässt sich leicht ablenken und wir können ihn nicht ändern.» Aus Dudenhöffers Sicht gibt es nur eine sichere Lösung gegen diese Ablenkung am Steuer: «Roboter übernehmen so bald wie möglich das Fahren. Sie lassen sich auch nicht von einer hübschen jungen Frau oder einem Unfall auf der Gegenfahrbahn beeindrucken.»
 
 
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